Chronik

Unsere Chronik

Vorwort

Die Musikgeschichte kennt einige Beispiele, in denen auf einer Küchenparty gemeinsame Projekte gegründet wurden, die anschließend überaus erfolgreich waren. Die „Traveling Wilburys“ (mit Bob Dylan, George Harrison, Tom Petty, Roy Orbison und Jeff Lynn) zum Beispiel haben es so zu zwei Superalben geschafft, bevor das Projekt durch das Ableben zweier Mitglieder ein frühes Ende fand. Was dies mit den Mainsirenen zu tun hat? Zumindest die Entstehungsgeschichte der Mainsirenen gründet auf eine solche Küchenfete vor über 35 Jahren.

Gründung

Im September 1987 begannen sich mehrere junge Männer eher locker zum gemeinsamen Singen zu treffen. Was sie verband, war nicht nur die gemeinsame Freude am Singen. Schon bald war klar, dass dies auch eine Möglichkeit bot, eigene sexuelle Orientierungen zu thematisieren und damit an der öffentlich geführten Diskussion um schwules Leben teilzunehmen. Besonders seit der Entdeckung des HI-Virus 1984 war die Debatte zu schwulen Themen nicht ohne Fehlinterpretationen, Stigmatisierungen und Vorverurteilungen ausgetragen worden. Dies wiederum bestimmte von Beginn an auch die Themen der Lieder und Programme der Mainsirenen. Die Namensfindung erwies sich bereits als eine Probe für die basisdemokratischen Prinzipien des Zusammenschlusses. Als ungeeignet eingestuft und daher verworfen wurden Namen wie „Äppel-Voices“, „Ebbelwoi-Sisters“ oder „Frankfurter Würstchen“. Aber mit „Die Mainsirenen“ war 1988 ein Name gefunden, der die lokale Verbundenheit unterstrich. Schließlich entstand so der führende schwule Chor Frankfurts. Am 09. Juni 1995 wurden „Die Mainsirenen e.V.“ schließlich ins Frankfurter Vereinsregister unter der Nummer VR 10676 eingetragen.

Chorleiter

Nicht zu den Gründungsmitgliedern der Mainsirenen zählend, jedoch kurz darauf dazu gestoßen, leitet Luzian Lange, im Jahre 1960 geboren, den Chor seit 1988. Er ist somit einer der dienstältesten Chorleiter eines schwul/lesbischen Chores in Deutschland. Er absolvierte ein Studium an der Musikhochschule in Karlsruhe. Seit 1982 lebt er in bzw. bei Frankfurt am Main und steht seit 1994 im hessischen Schuldienst. In seiner Freizeit übernimmt er die Leitung von weiteren Kirchen- und Kinderchören in der Region. Lange Zeit führte er den Frankfurter Chor „Die Liederlichen Lesben“ und ist seitdem zur Ehrenlesbe ernannt. Gelegentlich fungiert er als Klavierpartner von diversen lokalen Künstlern und Künstlerinnen. Seit geraumer Zeit ist er Mitglied im Musikausschuss des „Frankfurter Sängerkreises“. Luzian ist der Motor und das Herz der Mainsirenen.

Programme

Die Programme und deren Titel zeigen sehr anschaulich, wie die aktuellen Themen aufgegriffen und durch die Mainsirenen interpretiert wurden. „Misslungene Trennungen“ und „Vorsicht Traumprinz!“ oder auch Themenabende wie „Eine Italienreise“, „Das Dschungelbuch – Eine Nacht im schwulen Dschungel“ und „Schwestern-Western“ sind Beispiele dafür. Dabei gab es Produktionen, die Klischees aufgriffen und überspitzten, was auch in Kostümierungen mit Fummel und Boa bis zum Lederkerl seinen Ausdruck fand. Über diese Programme hinaus fanden die Mainsirenen auch Mittel und Wege, den schwulen Alltag zu thematisierten und damit in eine neue Normalität zu führen. „She works hard for the money – Der Schwule in der Arbeitswelt“ oder „The way we were – Das rätselhafte Kind“ sind Programme, über die die Mainsirenen zu einer neuen Qualität fanden, die den Chor über die Grenzen Frankfurts hinaus bekannt machten. Ganz besonders aber gilt dies für das preisgekrönte Programm „Leben mit Aids“. Während in der Pop-Musik die so genannten Konzeptalben bereits in den frühen 80ern wieder aus der Mode waren, ist der Entwicklungsprozess der Mainsirenen der Gegenentwurf zum bunten Nummernprogramm. Weitere Beispiele dafür sind die Programme „Klischee? Ok!“, „Die Schwulen und die sieben Todsünden“ und „Dr. Hirschfelds fabelhafte Menagerie“. Ganz neue Wege beschritten die Mainsirenen mit ihrem 25-jährigen Jubiläumsprogramm „Silvergirls go (g)old“, welches – kombiniert mit Schauspiel – die letzten Minuten vor einem Auftritt wiederspiegelt. Bei „Blicke“ werden Themen genauestens recherchiert, gesammelt – und wieder zerlegt. Um Fertigkeiten (Was macht den Mann fertig?) und Fähigkeiten (Wozu ist ein Mann fähig?) geht es im Programm zum 30-jährigen Jubiläum der Mainsirenen: „Mancademy – Entdeck den Kerl in dir“. Danach widmen sich die Mainsirenen einem weiteren, wichtigen Jubiläum, wollen – wenn auch zugegebenermaßen mit einem Jahr Verspätung – 50 Jahre Stonewall, den Beginn der Schwulenbewegung zelebrieren mit der Frage: „Who the Fuck is Judy?“ Dieses Programm kommt jedoch nie zur Aufführung, Corona macht einen Strich durch die Rechung und zwingt alle Chöre zur Pause. Aber die Mainsirenen sind nicht untätig, es entstehen trotzdem neue Lieder, welche die Situation widerspiegeln, unter dem Motto „Kleine Brötchen, gut geschmiert“. Dann ist die Pandemie endlich (so gut wie) vorbei, es steht plötzlich schon wieder ein Jubiläum an, und nach 35 Jahren fragen sich die Mainsirenen: „When will we be Famous?“

1989 Männerstimmen 1: Auswahl 1990 Männerstimmen 2: Auswahl und „Eine Italienreise“ 1991 Männerstimmen 3: Auswahl 1992 Männerstimmen 4: Auswahl und „Das Dschungelbuch – Eine Nacht im schwulen Dschungel“ (5-jähriges Jubiläum) 1993 Männerstimmen 5: „Misslungene Trennungen“ (Trennungsprogramm) 1995 Stimmen unterm Regenbogen (Männerstimmen 6): „Vorsicht Traumprinz!“ (Schönheitsprogramm) 1996 Männerstimmen 7: „Schwestern-Western“ (oder: „Tunten im Treck“) 1997 Männerstimmen 8: Auswahl (10-jähriges Jubiläum) mit 1. CD 1997 Frankfurter Chorpreis für „Leben mit Aids“ (Aidsprogramm) 1998 Zu neuen Ufern (Hetenkonzert): „Leben mit Aids“ (Aidsprogramm) 1999 Männerstimmen 9: „She works hard for the money – Der Schwule in der Arbeitswelt“ (Büroprogramm) 2001 Männerstimmen 10: „The way we were – Das rätselhafte Kind“ (Kindheitsprogramm) 2002 Festival „Schreiline I“ in Frankfurt 2003 Männerstimmen 11: „Klischee? Ok!“ 2004 „17 Jahr, blondes Haar“ (17-jähriges Jubiläum) 2005 „Paris Programm“ 2006 Männerstimmen 12: „Die Schwulen und die sieben Todsünden“ 2007 Auswahl (20-jähriges Jubiläum) 2008 Männerstimmen 13: „Schwulsein ist Scheiße … lassen Sie sich nichts anderes einreden“ 2010 Festival „Schreiline II“ in Frankfurt 2010 Männerstimmen 14: „Dr. Hirschfelds fabelhafte Menagerie“ 2012 Männerstimmen 15: „Silvergirls go (g)old“ (25-jähriges Jubiläum) mit 2. CD 2014 Männerstimmen 16: „Blicke“ 2016 „Amsterdam Programm“ 2017 Männerstimmen 17: „Mancademy – Entdeck den Kerl in dir“ (30-jähriges Jubiläum) 2020 Männerstimmen 18: „Who the Fuck is Judy? Stonewall Celebration“ (Corona-bedingt leider ohne Aufführung) 2022 Männerstimmen 19: „When will we be Famous? 35 Jahre Die Mainsirenen“

Konzerte

Die Mainsirenen haben in den letzten Jahrzehnten dazu beigetragen, schwule Themen nicht nur in Frankfurt gesellschaftsfähig zu machen. Vor allem gelingt es immer wieder, das Publikum, unabhängig von Altersgrenzen oder sexuellen Orientierungen, zu begeistern. Einladungen zu nationalen Chorfesten (süddeutsches schwul-lesbisches Chorfestival) und internationalen Festivals (Various Voices) sind Anerkennung dieser Entwicklung. Erfolgreiche Auftritte in Deutschland, z. B. in Berlin, Hamburg, Köln und München, aber ebenso international in Groningen, Amsterdam, London, Dublin, Paris und Zürich waren immer wieder Motivation für weitere Produktionen. In Zusammenarbeit mit den Frankfurter Chören „Liederliche Lesben“ und „DonnAcappella“ wurde zweimal das süddeutsche schwul-lesbische Chorfestival ausgerichtet, welches in Frankfurt die Namen „Schreiline I“ und „Schreiline II“ trugen. Mit einigen Szene-Chören sind die Mainsirenen besonders eng und freundschaftlich verbunden. Dem treuen Frankfurter Publikum wird auf eine besondere Weise Beachtung geschenkt: Alle Programme erleben hier ihre feierliche Premiere. Dies geschieht fast ausschließlich im Rahmen der Konzertreihe „Männerstimmen“.

Gastchöre